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Sunntig

Meine Lieben,

es ist Sonntag, ja tatsächlich Sonntag, ich sitze am Frühstückstisch – also nach dem Frühstück – habe schon abgeräumt, die Spülmaschine eingeräumt, den Kühlschrank wieder mit den Überbleibseln gefüttert. Nur die kleine silberne Teekanne, in der sich mein Bild spiegelt und eine Teetasse, halb voll, stehen noch rechts neben mir.

Vor mir der Laptop, über die Tasten laufen meine Finger, ich kann mit zehn Fingern schreiben; habe ich mal gelernt vor vielen, sehr vielen Jahren.
Heute schreiben die meisten ja recht schnell mit diesem Zwei-Finger-Suchsystem. Übrigens habe ich gelesen, daß man zur Zeit diskutiert, ob die Kinder überhaupt noch lernen sollen mit der Hand zu schreiben.
Andere sagen dann, daß das Schreibenlernen auch Kopf und Geist trainiert und bildet.
Andere werden einwenden, daß das ja sowieso irgendwann alles die KI macht, kann ja sein, aber die Grundlage der KI ist doch irgendwo, ganz am Anfang ein Mensch, oder?

Verschwimmt irgendwie alles!

Das wollt ich jetzt ja alles nicht zu Laptop, äh, zu Papier bringen.

Mein erster Gedanke galt eigentlich einer älteren Dame, die unten an der Schiffslände wohnt.
Vorhin als ich mit dem Brunello runter zum See ging – Morgenspaziergang – hatte ich einen Ausdruck der Sonntagsgedanken dabei, um den bei ihr in den Briefkasten zu stecken.

Sie gehört noch zur Generation meiner Mutter, ein klein wenig jünger ist sie, deren Leben weder von Laptops, WhatsApps oder sonstigem neumodischen Kram bestimmt wird.
Wir treffen uns manchmal morgens während meines Hundespaziergangs. Sie hat mir mal ein Buch geschenkt, welches sie geschrieben hat und so kamen wir dann auch auf die Sonntagsgedanken zu sprechen und seither versorge ich sie wöchentlich mit einem Ausdruck.

Meist werfe ich den in den Briefkasten, aber heute wollte es der Zufall, daß sie gerade an der Tür war. Die Tür hat noch eine Absicherung durch ein richtiges schmiedeeisernes Gitter, welches man extra öffnen muß.
Eben durch diese geschmiedete, wehrhafte Barriere habe ich ihr die Gedanken in die Hand gedrückt.

„Oh, vielen Dank, jetzt isch endlich Sunntig!“

Das hat mich sehr gefreut, daß ich ihr an diesem Sonntag eine ganz persönliche Freude bereiten konnte.

Überhaupt gibt einem das ein gutes Gefühl, jemand zu erfreuen; es strahlt ja unmittelbar zurück.
Apropos strahlt.
November-Wetter am See, wir sitzen im Nebel, zumindest am Vormittag, manchmal auch länger.

Aber fährt man fünf Minuten in höhere Gefilde, strahlt die Sonne von einem wunderbaren blauen Himmel und schon geht einem das Herz auf!

Wie bei einem guten Song,
wie beim Freude bereiten,
wie beim Verzeihen,
beim Lieben,
beim Zufriedensein,
beim Gemütlich-gekuschelt-unter-einer-Decke-Liegen,
beim Sich-für-jemanden-Freuen,
beim Gesicht-in-die-Sonne-Halten,
beim Skifahren, wenn man auf den Spuren der Pistenraupe fährt,
beim Einfach-so-Sitzen, Auf-den-See-Schauen

und nichts, nichts kann dann anders sein.
Und man hat verstanden was Kafka meinte, wenn er sagte:

Man muß im Leben „das Glück begreifen, daß der Boden, auf dem du stehst, nicht größer sein kann, als die zwei Füße ihn bedecken“

Ich wünsche euch einen herrlichen Sonntag,
haltet zusammen, streitet nicht und paßt auf euch und
die anderen auf!

Lieben Gruß vom See
Euer Eckhard/Papa/Opa

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