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Glänzende Aussichten

Guten Morgen,

ich gehe in Hofheim an den Schrank, in dem meine Schuhe stehen. Auf dem obersten Regal liegt Schuhcreme, farblos und zwei Lappen, einer davon ein alter Socken mit den Beatles drauf.

Eigentlich wollte ich nur Schuhe rausholen, anziehen und den sonntäglichen Spaziergang zum Bäcker machen, Laugencroissants und ein Baguette.

Ich kann nicht widerstehen.

Ich nehme die Creme, schraube den Deckel ab und beginne. Das Leder saugt die Creme auf, ich verteile sie schön gleichmäßig. Jetzt das 2. Paar Schuhe.

Ich höre auf, ich wollte doch zum Bäcker!  Aber halt, noch die Schuhe zum Glänzen bringen. Ich schlupfe in den Beatles Socken und wienere erst den einen und dann den anderen. Ha, wie die glänzen!

Ich mache das schon immer gerne! Warum? weiß ich nicht? 

Wenn man in O’Hare, Chicago zum Abflug nach Deutschland will, fährt man erst auf einer Rolltreppe nach unten, läuft einen langen Gang entlang, indem dauernd irgendwelche Lichtspiele sind und so Weltraummusik, durch das Zwielicht, wabert.  Auf der anderen Seite des Ganges wieder mit der Rolltreppe aus dem Untergrund nach oben.

In dieser Unterführung sind Schuhputzer, die ihre Dienste anbieten, meist sitzt jemand schon auf dem Hocker (übrigens nur Männer) und der Schuhputzer ist fleißig dabei die Schuhe zu bearbeiten. Als ich einmal einen freien Platz entdeckte, nahm ich diese Gelegenheit sofort wahr. 

Herrlich, ich saß, die Füße mit den Schuhen auf einem kleinen Podest! Die Schuhbändel steckte er zunächst in die Seite der Schuhe, er begann mit dem Eincremen, ließ kurz antrocknen und brachte dann die Schuhe mit einer Bürste zum Glänzen, danach nahm er noch ein Tuch und wienerte erst den einen und dann den anderen auf Hochglanz, Wahnsinn, man konnte sich beinahe in den Schuhen spiegeln! 

Wunderbar!

Bezahlen, mit gutem Trinkgeld, dann die Rolltreppe hoch, einen ungesunden Burger, danach zur Lounge, mich registrieren, Platz suchen, Gepäck abstellen – ich hatte immer nur einen Ziehkoffer und meine Tasche – einen Weißwein holen, Chips, Salzstengel oder Nüsschen, in den Sessel, durchs Fenster die Flieger betrachten, zehnmal hektisch schauen, wo jetzt wieder mein wieder Ticket ist, mehrmals das Telefon in allen Taschen suchen, immer wieder erleichtert finden!

Ready for Boarding!

In den Flieger, anschnallen, es geht los, die Maschine rast auf der Startbahn wir heben ab, drehen eine Kurve, letzter Blick auf die Lichter von Chicago. Ankreuzen, dass ich zum Essen nicht geweckt werden will, Sessel flach, die Wolldecke über den Kopf, versuchen zu schlafen.

Als Rauchen noch erlaubt hat mal einer (vor mir) von Chicago bis Frankfurt fast pausenlos gequalmt, ich bin fast erstickt!

Manchmal wache ich auf, es schwankt erheblich, das ist meist, wenn wir von der Hudson Bay aufs auf offene Meer kommen (glaube ich). Ich versuche weiterzuschlafen und beruhige mich mit dem Gedanken, dass schon nichts passieren wird, das gefährlichste ist ja das Starten und Landen und zudem, denke ich, bin ich nicht so wichtig, dass ich morgen in der Zeitung stehe, weil der Flieger abgestürzt ist,  also weiter schlafen.

Zum Frühstück werde ich dann geweckt, eigentlich bin ich schon wach, Orangensaft, Rührei, lätschige, lauwarme Croissants und Tee.

Wir landen.

Zuhause!

Ich wünsche euch einen glänzenden Sonntag. 

Zum Lesen? Vielleicht, William Boyd „Eines Menschen Herz“. Zum Anhören? Vielleicht, ein bissel Sehnsucht? https://youtu.be/uOc9Mx18wmA

Lieben Gruß vom See

Gebt auf euch acht!

Papa/Eckhard

Ein Kommentar

  1. Schumacher

    Hallo Herr Hofsäß,
    schon wieder eine Gemeinsamkeit. Schuhe putzen liegt mir auch – wenn ich denn einmal damit anfange! Meistens schaue ich dann noch in den Schuhschrank, ob noch ein anderes Paar die Pflege benötigt. Wenn frau sich schon einmal die Finger schmutzig macht, dann soll sich das auch richtig lohnen. Wenn dann alle Schuhe glänzend vor mir stehen, ist das so richtig befreien. Das Schuhe putzen war schon in meiner Jugendzeit zu Hause in der Familie für mich Meditation. Das ist bis heute geblieben. Eine schöne Woche! Grüße aus dem Ried.

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