Meine Lieben,
zwei Stunden Frühstück bei/mit meinem Freund von vis-a-vis, zurück nach Hause, langsam gehe ich die 50 Treppen hoch. Ich habe noch nichts geschrieben
und es ist schon Freitag!
Mit jedem Schritt hoffe ich auf eine Eingebung. Je höher ich die Treppen steige, je mehr Hoffnung auf einen guten Gedanken habe ich.
Ist ja irgendwie auch logisch.
Gestern Morgens um halb sechs wurde ich mit Kanonenschlägen geweckt. Erst dachte ich, dass die Schweizer am gegenüberliegenden Ufer irgendetwas sprengen.
Als ich dann aber die Musik hörte, durchgehend dasselbe Lied, begleitet von weiteren Böllern, es war „Schmutziger Dunschtig“.
Weiberfasnet!
Eingeleitet wird dieser Dunschtig durch „Hemdglonkerumzüge“ (Nachthemd und Zipfelmütze) und so wird man dann mit Musik geweckt!
Weiberfasnacht, gibt es schon seit dem Mittelalter. An diesem Tag übernahmen die Frauen in einer männerdominierten Gesellschaft das Regiment.
Das mit der Dominanz kann ich nicht ganz nachvollziehen. Als Mann behaupte ich, dass Männer immer tun, was Frauen wollen.
So ist das!
Wir Männer tun nur so; die klugen Frauen wissen das auch und wir wissen es eigentlich auch. (Man muss das ja nicht gleich zugeben.)
Fasching, Fasnet oder Karneval ist wirklich die 5. Jahreszeit, zumindest in einigen Landesteilen.
In Mainz und Köln herrscht tatsächlich ein Ausnahmezustand, aber auch bei uns im Süden, bei der Alemannischen Fasnet wird gefeiert, die Rathäuser werden besetzt, Bürgermeister gefangen genommen und die Kinder werden am Donnerstagmorgen von den Narren aus der Schule befreit.
In einem alten Foto-Album fand ich ein Bild von mir, im zarten Alter von vier, verkleidet als Chinese, eine Bauersfrau küssend; also die war auch so mein Alter.
Vielleicht war das auf einem Kinderfasching im Cafe Brenner in Pforzheim, da gab es Musik, Tanz, Polonaise und riesige Windbeutel mit unglaublich viel Schlagsahne.
Nicht nur als Chinese, auch Bilder als Koch, Cowboy oder Seemann gibt es von mir.
Indianer war ich nie, da war ich meiner Zeit voraus und das mit dem Chinesen ist wahrscheinlich ein Ausrutscher und hoffentlich zu verzeihen.
Alles andere ist ja konform mit dem heutigen Denken, obwohl das auch damals bestimmt keiner als rassistisch empfunden hat, man wollte eben irgendwie anders sein und das ist ja nichts Verwerfliches.
Die Eltern haben an Fasching meist Freunde eingeladen. Man hat getrunken, in der Diele wurde getanzt und später, nach dem Kappenabend im
„ Goldenen Bock“, kamen auch noch Oma und Opa vorbei.
Im Radio liefen die entsprechenden Lieder, „Humba-Täterä“ https://youtu.be/bY4DZ3iVhoM oder „Heile heile Gänsje“ von Ernst Neger ( Das ist nicht r….., der hieß so.)
Tja, so war das.
Während jetzt überall die Hölle los ist, sitze ich am See, vielmehr am Schreibtisch, mir ist immer noch nichts Rechtes eingefallen, ich blick auf’s Wasser, sehe das Rotkehlchen im Vogelhaus ein paar Körner picken, Brunello läuft am Fenster vorbei, ich schaue auf meine Finger, auf Hände soll man nicht schauen, das bringt Unglück, hat die Mutti gemeint, aber wenn sie so vor mir liegen und schreiben, da bin ich doch recht stolz, dass ich das mit zehn Fingern kann, schreiben.
Habe ich in der einjährigen Handelsschule gelernt, war ein Ausflug, mal ‘ne andere Schule, die anderen hatte ich alle schon durch.
Gelernt habe ich auch etwas, ( mit zehn Fingern schreiben). Steno, nicht, das war mir zu schnell und ich habe versucht, Diktate so mitzuschreiben, hat aber mehr oder weniger nicht funktioniert. Hat irgendwie auch meine Schrift vers…t.
Manchmal habe ich heute noch Schwierigkeiten, mein Geschriebenes zu lesen.
Ich hatte mal eine Mitarbeiterin, die Doris, zu der bin ich immer gegangen, wenn ich meine Schrift nicht mehr entziffern konnte.
Jetzt habe ich mich mal wieder vergaloppiert. Da ich letze Woche positive Rückmeldungen über das Gedicht von R. Ausländer bekam, hab ich mir gedacht, warum nicht noch ein schönes, diesmal von Adam Zagajewski,
Geländer
Leider – sagte R. – zwischen dem Sein
und dem Nichtsein gibt es kein Mittelding
nichts, nicht einmal einen Korridor, nicht einmal ein Geländer,
auf das sich die müden Adler niedersetzen könnten.
Ich wünsche euch einen herzerfrischenden Sonntag, ein Nichtfaschingslied gibt’s natürlich auch noch https://youtu.be/N6wBxQVBozI
Passt auf euch und andere auf,
streitet nicht und haltet zusammen!
Lieben Gruß vom See
Euer Eckhard P/O