Meine Lieben,
„Das Herannahen des Zuges machte sich auf dem Bahnsteig bemerkbar: Kofferträger liefen hin und her, Beamte, Schutzleute, Publikum wogten durcheinander. Durch den kalten Dunst hindurch, der die Landschaft einhüllte, sah man Arbeiter in bloßen Hemden und weichen Filzstiefeln über die vielfach verschlungenen Gleise klettern.
In der Ferne ertönte das Pfeifen einer Lokomotive und das dumpfe Geräusch einer schweren Masse, die sich in Bewegung setzte.“
Das ist aus dem ersten Band von „Anna Karenina“.
Im Nachlaß meiner Tante Elsa fand ich den Band 2 von Tolstois „Anna Karenina“, diese klassische, heute antike Ausgabe steht seit Jahren in meiner Bibliothek. Vor ein paar Wochen hatte ich das Buch in der Hand und beschloß, den ersten Band zu suchen. Durch das Internet wurde ich in einem Antiquariat fündig und jetzt lese ich eben gerade diesen ersten Band und bin begeistert von der wunderbaren Sprache. Die Schrift in diesem Buch nennt man, glaube ich, Fraktur und auch die Übersetzung ist wahrscheinlich ein eher altmodisches Deutsch.
Tante Elsa – eigentlich ist sie ja meine Großtante, sie war die Schwester meines Opas und die Patentante meiner Mutter – wurde 1895 geboren, das erklärt auch diese Schriftart. Mein Opa wurde 1901 geboren und meine Mutter 1927. Die Tante starb 1985, mein Opa 1991, meine Mutter wurde 94 Jahre alt, ich hoffe doch mal, daß ich diese Gene besitze und auch noch lange hier bleiben darf. Da wäre ich sehr zufrieden!
Zufriedenheit hängt ja nicht nur von äußeren Umständen ab, ich meine, sie kommt eher von innen. Eine positive Einstellung zum Leben, manchmal auch ein bißchen fatalistisch, nicht versuchen, etwas ändern zu wollen, auf das man keinen Einfluß hat, sondern das zu schätzen, was man hat und wer und wie man ist.
So, das war jetzt mal die Weisheit, zumindest meine, für diesen Tag.
In den Sommermonaten genießt die Familie die Zeit am See und ich freue mich über zahlreiche Besuche, es bringt zwar mein beschauliches Leben etwas durcheinander, aber soll ja auch gut sein für ein glückliches, langes, gesundes Leben.
Und dann natürlich dieses Buch, endlich mal wieder etwas, bei dem ich mich auf jedes Kapitel freue. Ich habe ja noch so viele Bücher, ich hoffe doch, daß mir die Zeit reicht, sie alle zu lesen, ich bemühe mich!
Neben der Zufriedenheit und dem Familientrubel versuche ich, mich fit zu halten, neben Hundespaziergängen und ein bisschen Fahrradfahren quält mich Kathrin einmal die Woche, ich mache zwar diese Übungen ganz und gar nicht gerne, muß aber zugeben, daß es mir danach immer besser geht und ich auf jeden Fall am nächsten Tag, manchmal auch erst am übernächsten, etwas beschwingter, muskulöser entspannt durchs Leben schreite.
… das hatte ich zwar schon mal, aber so etwas kann man ja auch mehrmals hören und ansehen.
Der Lesetip ist ja klar, s. o.
Ich wünsche euch schöne Sommermonate,
paßt auf euch auf, streitet nicht und haltet zusammen.
Lieben Gruß vom See
Euer Eckhard, Papa/Opa
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