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Bitte freundlich

Meine Lieben,

vor kurzem war ich im Bürgerbüro. Für ein offizielles Schreiben benötigten wir (meine Frau und ich) die Bestätigung, daß mein Personalausweis auch mein Personalausweis ist und der Mensch, der diesen Ausweis jetzt vorlegt, auch der ist, der auf dem Ausweis steht.

Eigentlich eine einfache Sache, wenn man das Bild auf dem Ausweis mit der Person, der vor der Mitarbeiterin steht, abgleicht und feststellt,
„Jawoll“, das ist derjenige!
So sollte es eigentlich kein Hexenwerk sein, eine Kopie von Vorder- und Rückseite zu machen und zu bestätigen, daß diese Kopie rechtens ist und mit dem Dokument des wirklichen Eckhard identisch.

Aber so einfach ist das nicht; wir sind schon weit in der digitalen Welt fortgeschritten. Da ich nun aber in dieser Stadt nicht gemeldet, also nicht im Register bin, kann mir auch bei aller Ähnlichkeit keine entsprechende Bescheinigung ausgestellt werden.

Ok, wahrscheinlich gibt es da eine entsprechende Vorschrift. Die Mitarbeiterin ist frei von jeder Schuld, sie muß sich eben an diese Vorschrift halten.
Daß sie das mir bestimmt und – ich muß anmerken – nicht sehr freundlich in kurzen Sätzen erklärt, ist vielleicht auch einer Vorschrift geschuldet.
Dort steht sicher, weisen sie den Fragesteller ausdrücklich darauf hin, daß…

Wenn dort stehen würde: „Erklären sie dem Fragesteller in freundlichen Worten daß…“,
hätte sie bestimmt gesagt:
„Oh, das tut mir jetzt leid, ich kann ihnen leider nicht behilflich sein, so gerne ich das auch tun würde, aber…..“
Ich hätte dann zwar achselzuckend, aber immerhin frohen Mutes das Bürgerbüro verlassen, wäre auf den Vorplatz getreten, hätte in die Sonne geschaut und mir gesagt, „ok dann mache ich eben genau dies, was mir die freundliche Dame empfohlen hat“.

Keine Ahnung, warum es ist wie es ist, aber begonnen hat das schon, daß vor der sich öffnenden Glastür zum Bürgerbüro auf dem Boden der Hinweis angebracht ist:

Hier bitte warten.

Ich habe mich gefragt, warum das nicht auf einem Schild in Augenhöhe steht, da sieht man es und hält sich logischerweise daran.
Nein, es steht auf weißem Grund (sieht aus wie der Absprungbalken beim Weitsprung) auf dem Boden.

So tritt man schon automatisch mit gesenktem Kopf ein.

Wahrscheinlich hat man dieser Mitarbeiterin nie erklärt, daß sie für mich ‚Dienst‘ tut und ich dafür gerne auch entsprechend Steuern bezahle.

Im zarten und aufrührerischen Alter von 15/16 Jahren hatte ich viele verrückte Ideen. Zum Beispiel, daß alle bei der öffentlichen Hand Beschäftigten keine Steuern bezahlen sollten, ich meinte es wäre eine Vereinfachung ein geringerer Aufwand und zudem sei es ja doch nur linke Tasche, rechte Tasche.
Auch fand ich es eine super Idee, wenn man 50% seiner Steuerlast selbst allokieren könne, das würde ja dann die entsprechenden Bürgerwünsche klar ausdrücken.

Aber wie gesagt, da war ich jung, die Ideen weltfremd, hatte es einfach noch nicht geschnallt, wie das so läuft.
Zudem wäre das auch wahrscheinlich wieder ein irrsinniger bürokratischer Aufwand gewesen, man kennt das ja.
Also waren das wohl nicht so ideale Gedanken.

Im Englischen gibt es übrigens ein schönes Sprichwort: „He, who pays the piper calls the tune!“

Jetzt bin ich mir nicht sicher, ob das wirklich gute Gedanken für diesen Sonntag sind, nichts Philosophisches, nichts Spannendes, nichts Nachdenkliches.

Na, vielleicht doch, schon bei Aristoteles wird die Freundlichkeit erwähnt.

„Der Freundliche begegnet seinem Gegenüber liebenswürdig und bring ihm das Interesse entgegen, das ihm gebührt.“

Und noch eine Definition, die ich gefunden habe:

„Die Freundlichkeit beruht auf gegenseitigem, anerkennenden Verhalten, aber auch auf einer wohlwollenden, inneren Haltung gegenüber der sozialen Umgebung.
Sie erleichtert in der Gemeinschaft den Umgang miteinander und entspannt die Atmosphäre.“

Stimmt!

Es gehört ja wirklich nicht viel dazu, etwas freundlich zu sein.
Wenn mir manchmal selbiges, wie oben beschrieben passiert, denke ich immer, wenn die Dame schon unfreundlich sein will, dann doch bitte gegenüber ihrem Chef oder Chefin, dann ist sie wenigstens mutig.

Ich wünsche euch einen wohlwollenden Sonntag,
streitet nicht, haltet zusammen und paßt auf euch
und die anderen auf.

B

Lieben Gruß aus Istanbul

Euer Eckhard/Papa/Opa

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