Zum Inhalt springen

Mediation

Meine Lieben,

die Spülmaschine hat den Geist aufgegeben, jetzt spricht sie mit mir, also sie spricht nicht wirklich. Sie kommuniziert normalerweise durch piepsen;
zum Beispiel, wenn sie mit der Arbeit fertig ist.
In dringenden Fällen – wie auch wir Menschen – kommuniziert sie gerne schriftlich. Wie sagte schon der Herr…., ihr wißt schon, wen ich meine. „Was man schwarz auf weiß hat, kann man getrost nach Hause tragen.“

Also bei ihr ist das nicht schwarz, sondern rot und sie spricht in Kombination von Buchstaben und Zahlen. Im Moment E15, rot auf schwarzem Grund.

Gott sei Dank haben wir alle Beschreibungen aufbewahrt; unten im Keller in der Schublade eines alten Schrankes, den ich vom Vorbesitzer übernommen habe.
Der Schrank stand oben im Zimmer, so ein richtiges altes, ich glaube man nennt das Gelsenkirchener Barock, Ding.

Aber im Keller leistet er gute Dienste. Vasen, Fotoalben (hinter Glasscheiben), ein Kaffeeservice von der Oma mit Goldrand, einige Bücher, altes Finanzamtzeugs etc..
Der Gelsenkirchener hat auch drei Schubladen; in einer dieser Schubladen liegen in wildem Durcheinander alle Beschreibungen.
Auch Beschreibungen von Produkten, die schon längst über den Jordan gegangen sind.

Übrigens kommt dieser Ausdruck aus der jüdisch-christlichen Tradition. Die alten Israeliten sind aus der Wüste über den Jordan in das Gelobte Land eingezogen.
Im Christentum wird das symbolisch als Eintritt ins Himmelreich gesehen und der Weg führt eben, symbolisch, über den Jordan.

Westlich vom Jordan denken die Siedler heute, das gehört auch noch dazu, aber da kann man natürlich anderer Meinung sein!

Also zurück, ich arbeite mich durch das Durcheinander und finde – ein anständiges Haus verliert nichts – in einer dieser Schubladen die Beschreibung vom Herrn Siemens und hier wird mir erklärt, was mir E15 sagen will.

Ganz einfach, ich soll mal den netten, kompetenten Herrn Siemens in München anrufen, der wird mir weiter helfen.
Gelesen, getan, habe auch gleich jemanden an der Strippe gehabt. (Ausdruck aus Prähändiyzeit)

Auf jeden Fall hat mir der Herr Siemens gesagt:
Stecker raus, Wasser abstellen und ein paar Tage warten bis ein freundlicher Herr kommt und das ganze wieder repartiert, der Herr Siemens hat mir auch gleich aufgeschlüsselt, wieviel das in etwa kostet.

Also, alles geht jetzt seinen Gang und ich spüle eben solange Geschirr!

Im Keller habe ich noch ein altes Gestell aus Metall gefunden, auf dem man das gespülte Geschirr abstellen kann. Da sieht man doch wieder mal, daß es gut ist, wenn man kein ‚Wegwerfer‘ ist.

Ich glaube, bei uns zuhause stehen immer noch ein oder zwei alte Kohleöfen auf dem Speicher; ich muß mal meinen Bruder fragen, ob die immer noch da sind.

Ich weiß, daß der Herr Habeck sich jetzt ärgern würde, wenn wir wieder mit Kohle heizen, wegen der Umwelt und so, die Umwelt darf nämlich nur mit staatlicher Braunkohle aufgeheizt werden!
Wir würden aber mit Koks heizen und das ist Steinkohle. Ihr bemerkt den Konjunktiv, der Herr Habeck muß sich also wegen uns nicht alterieren (echauffieren),
Habt ihr auch nicht verstanden?
Also aufregen.

Das waren jetzt mal wieder Umwege oder besser ‚Umgedanken‘.
Eigentlich wollte ich ja auf das Spülen kommen.
Ich muß gestehen, war garnicht so schlecht, daß ich jetzt spülen mußte und natürlich auch abtrocknen.

Irgendwie ist das wie ein meditativer Vorgang, die Hände im warmen Wasser, angenehm.
Teller, Tassen, Besteck und was sonst noch im Wasser abgetaucht ist, wird fein säuberlich abgerieben und danach wie ein versunkenes Schiff aus dem Wasser geholt und auf dem Gestell rechts neben der Spüle abgestellt.
Besteck trockne ich als erstes ab, dann Gläser.
Teller und Tassen lasse ich stehen, bis sie von allein trocknen – manchmal.

Zu Hause hat immer mein Vater abgespült, jeden Tag.
Er kam hoch von der Praxis, das schwarze Telefon in der Hand (das wurde dann im Esszimmer eingesteckt), wir haben gegessen und nach dem Essen hat
der Vati Geschirr gespült, einer von uns wurde dann dienstverpflichtet, zum Abtrocknen.

Jeden Tag ein anderer, hat auch meist so geklappt, manchmal konnte man sich befreien, indem man aufstöhnte, daß man morgen eine Arbeit schriebe und viel zu lernen hätte.
Man durfte dann nur nicht später den Lautsprecher des Schallplattenspielers zu laut in seinem Zimmer aufdrehen, sonst wäre ja herausgekommen, daß man doch nicht so fleißig lernt.
Die Arbeit am nächsten Tag wird man mit Gottes Hilfe, einem Spickzettel und dem eigenen, geschulten Auge, das auf der seitlich liegenden, gelösten Aufgabe des Banknachbars ruht, schon schaffen.
Hat oft, nicht immer, funktioniert.
Um ehrlich zu sein: hat oft eher nicht funktioniert.

Irgendwann muß man eben immer selbst ran, sonst wird das nichts im Leben; irgendwann stellt man das selbst fest
Meist später, hoffentlich nicht zu spät, dann haut das dann meist auch noch hin.
Hat man durch diese vorhergegangene Nachlässigkeit einiges nicht mehr erreicht, legt man das dann unter der Rubrik: „wollte ich sowieso nie“ ab.

Naja!!

Auf jeden Fall hat mir dieser meditative Vorgang gut getan. Ich habe es genossen und jetzt verstehe ich auch, warum manche Frauen – ich schreibe deswegen Frauen, weil ich außer Taschentücher noch nie etwas gebügelt habe und mir nicht vorstellen kann, daß Männer wirklich bügeln können, Bügeln so entspannend finden.
Muß ähnlich entspannend wie Geschirrspülen und Abtrocknen sein.

Lesetip: Oliver Hilmes – Berlin 1936 Musik: Die erste Single der Rolling Stones 1963

Ich wünsche euch einen tiefsinnigen Sonntag.
Paßt auf euch und die anderen auf,
streitet nicht und: immer zusammenhalten!

Lieben Gruß aus Hofheim

Euer Eckhard/Papa/Opa

Kommentare sind geschlossen, aber Trackbacks und Pingbacks sind möglich.

Abonniere die Sonntagsgedanken

Die letzten Beiträge

Archiv