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So ist’s


Meine Lieben

Es ist Sonntagabend, 19.45 Uhr.

Ich sitze auf der Terrasse, in der „italienischen Ecke“. Links von mir eine Palme, rechts ein kleiner Olivenbaum. 

Es ist bewölkt, der See liegt ruhig, graugrün in seinem Bett. 

Es weht eine leichte Brise von Westen. 

Es ist nicht kalt, aber auch nicht warm. 

Vor einer Stunde habe ich mit einem Freund Pizza gegessen, hier auf der Terrasse. 

Er eine Quattro Stagioni, ich eine Capricciosa. Ich esse schon immer Capricciosa. Früher, so mit 17/18 Jahren habe ich im Romulus und Remus eine halbe Portion Spaghetti als Vorspeise, einen Beilagensalat, dann eine Capricciosa und zum Abschluss,  gemeinsam mit meiner Freundin, noch ein Tiramisu gegessen.

Die Capricciosa war mit einem harten Ei belegt, habe ich nirgends mehr so bekommen. Die Pizza hatte einen wunderbaren knusprigen Rand, wie Brotteig. 

Heute lasse ich den Rand meist liegen und schaffe auch nur höchstens eine 3/4 Pizza, das reicht ja auch.

Aber ich esse immer noch nur Capricciosa und wenn Spaghetti Vongole auf der Karte stehen, dann auf jeden Fall die.

Übrigens gibt es das Romulus und Remus immer noch, ich war letztes Jahr mal da. Die Bedienung ist auch immer noch dieselbe, wie vor 50 Jahren, eben entsprechend älter, habe kürzlich erfahren, dass sie die Tochter des Chefs ist und deswegen heute die Chefin. 

Zwischen einigen jungen und mittelalterlichen, viele alte Leute, wahrscheinlich, die, die mit mir früher auch schon da waren

Die Pizzeria ist zwar vom Ortsanfang an das Ortsende von Dillweißenstein gerückt, das hat aber der Qualität keinerlei Abbruch getan, die Capriccosa schmeckt  immer noch hervorragend und Scheiben vom harten Ei sind auch drauf! 

Gott sei Dank ändern sich manche Dinge nie.

Der Charlie Watts trommelt ja, jetzt in Zukunft im Himmel, (den Anfangstrommelschlag von Get of off my cloud, kann ich auch heute noch mit den Händen nachschlagen)  https://youtu.be/dEG0JIXuoFs )

Das letzte Mal habe ich Watts live gesehen, na eher gehört, weil die Gabi auf meinen Schultern saß, 1970 in Stuttgart, auf dem Killesberg

Bill Wyman war dabei und auch Brian Jones war noch unter den Lebenden, die jüngeren kennen den wahrscheinlich nicht mehr, die glauben es wäre schon immer der Ron Wood gewesen. 

Stimmt nicht! Der war übrigens vorher bei den Small Faces, gemeinsam mit Rod Steward.

Wenn die Helden aus der Jugend sterben, dann merkt man, dass man eigentlich gar nicht so viel jünger ist als diese Helden. Wenn ich so alt werde wie der Charlie, wären das ja nur noch 10 Jahre, nicht so viel!

Da werde ich mal eher versuchen das Alter meiner Mutter anzusteuern, die wird nächsten Monat 94 Jahre alt.

Kürzlich erzählte mir ein Freund, man merkt, daß man älter wird, wenn der Gesprächspartner mit dem Namen Stoltenberg nichts mehr anzufangen weiß! (googelt‘s mal).

Deshalb freue ich mich so wahnsinnig, wenn im Romulus und Remus die Capricciosa immer noch so schmeckt wie zu den Tagen, als man rauchte, euphorisch und manchmal wütend auf die Welt war, mitten in der Nacht Currywurst und Pommes mit Mayo und Ketchup am Ständle gegessen hat und die Nächte so schnell vergingen wie die Zeit während einer Mathearbeit. 

Um ganz ehrlich zu sein auch wenn eine Stunde doppelt so lang gewesen wäre hätte mir das nicht sehr viel mehr geholfen. 

Ich war meist froh über das Ende dieses Kurvendiskussionsmartyriums.

Also, wie gesagt, Gott sei Dank ändern sich manche Dinge nie. (Menschen übrigens auch nicht wirklich)

Hier sitze ich, genieße die unglaubliche, kaum zu beschreibende Stille, nur die Raben krächzen aber sonst kein Laut. 

Keine Geräusche von Autos,  Motorbooten, Flugzeugen, nichts!

Wunderbar!

Ich esse ein Stück Romadur, ich glaube, der sollte mehr „laufen“, dazu einen Schluck von meinem Côtes du Rhône.

Lehne mich zurück.

Ich glaube das Glück hat eben hier geparkt, hier bei mir, gerade jetzt!

Im Augenblick möchte ich nirgendwo anders sein!

Lieben Gruß,

genießt das Leben, passt auf euch auf, wo immer ihr auch gerade seid.

Eckhard/O/PSo

3 Kommentare

  1. Hansjoerg Haug

    ….welche Freude wenn man Gemeinsamkeiten oder Orte entdeckt, die man
    auch kennt und bevorzugt……
    Wenn immer ich in Pforzheim bei der Familie bin – und das ist nicht selten, gehen wir sehr gerne ins Romulus und Remus, wobei ich hier meißt die wunderbaren Spaghetti bevorzuge … ja, ja so klein ist die Welt und ich bin erstaunt, daß wir uns in diesem Lokal noch nie gesehen haben – vielleicht beim nächsten Mal……….und dann bestelle ich mir sicher auch einmal die Capricciosa …..
    Hajo

  2. Georg

    Bin immer wieder begeistert, mit welcher leichtfüßigen Eleganz du völlig unterschiedliche Themen zusammenführen kannst: heute war es das Hinscheiden eines Pop-Titanen und die Treue zur Capricciosa über ein halbes Jahrhundert hinweg. Freue mich auf den 5. September!

  3. Kaufmann

    Danke für die schönen Geschichten die wir jeden Sonntag lesen .
    Grüße Corinna & Manfred Kaufmann

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