Meine Lieben,
heute ist der 1. Advent! Es beginnt jetzt eine ruhige, stille Zeit.
Ich weiß nicht wie das bei euch ist, aber so richtig ruhig und
still kommt mir das nicht vor.
Wenn ich mich aber in die Zeit der Vorfreude und Wunschzettel versetze,
dann kommt so ein wenig Ruhe zurück.
Im Erker im Wohnzimmer hing immer ein riesiger Adventskranz, mit roten Bändern,
die die Drahtseile verdeckten an der Decke festgemacht, dicke rote Kerzen auf
kräftigem Tannengrün man konnte das schon riechen wenn man ins Zimmer kam. Die
Kerzen wurden aber nie angezündet, man hätte ja auch jedes Mal eine Leiter
gebraucht. Auch sonst gab es fast in jedem Zimmer einen Adventskranz, in der
Küche, im Herrenzimmer und Esszimmer.
Am späteren Nachmittag, wenn es draußen schon langsam dunkel wurde
zündete meinen Mutter den Kranz an, na eigentlich die Kerzen aber
irgendwie sagt man immer den Kranz anzünden, vielleicht sage auch nur ich das,
so wie ich auch Eisschrank anstatt Kühlschrank sage.
Also sie zündete die Kerzen an, nein, jeweils natürlich nur soviel wie es
erlaubt war, am ersten Advent eine, am 2. Advent zwei usw……
Es gab dann meist Tee mit Rum, Hutzelbrot, oder Christstollen, später in der
Adventszeti dann auch ein paar selbstgemachte Brötchen. Bei uns heißt das
Brötchen und nicht Kekse, Hildabrötchen, die haben so einen Kleks von roter
Marmelade in der Mitte, Spitzbuben, die sind 2stöckig mit einem roten Kleks von
Dornröschenhonig(Hagebutten oder Hägenmarkmarmelade), Haselnußhäufchen waren
schon immer meine Lieblingsbrötchen, Buttergebackenes( nahm man eben so
mit), die Zimtsterne waren natürlich auch ein Hit.
Nach dem Backen wurden diese Brötchen immer auf der Veranda in großen Metalldosen, bzw Metallkisten (mit Weihnachtsmotiven) aufgehoben und Selbstbedienung war auf der Veranda untersagt!
An diesen Adventsnachmittagen wurde dann eine bestimmte Anzahl,
ich glaube meine Mutter zählte das ab, in einer goldenen, verzierten
Weihnachtsschale päsentiert, naj man durfte sie dann auch essen.
„Das muß doch noch bis Weihnachten reichen“ war ein Argument dem man
sich nicht verschließen konnte und so waren wir eben mit dem zufrieden
was es an diesen Nachmittagen gab.
Trotz strenger Rationalisierung waren an Weihnachten die meisten doch
schon verschwunden, irgendwie hatten sie sich auf der Veranda in Luft
aufgelöst.
Meine Mutter spielte dann schon mal ein paar Weihnachtstücke auf dem Klavier,
übte für die Hausmusik am Weihnachtsabend.
Mir kam das alles irgendwie ruhig und gelassen vor, vielleicht war das aber für
meine Eltern genau so hektisch wie für uns heute. Aber für die Kleinen ist es
immer noch große Vorfreude und gespannte Erwartung.
Die Idee hinter dem ersten Adventskranz stammt übriges von Johann Wichern, einem Theologen. Für die Straßenkinder entwarf er einen Adventskranz mit 4 großen und 2o kleinen Kerzen. Während der Betreuungzeit im Rauhen Haus in Hamburg konnten so alle gemeinsam die Tage bis Heiligabend abzählen.
Wir haben heute in Hofheim auch die erste Kerze am Adventskranz angezündet, freuen uns auf die kommenden Zeiten mit der Familie und versuchen diese Adventszeit so ruhig wie es irgendwie geht anzugehen.
Ich wünsche euch alle einen schönen ersten Advent und, wie gesagt, eine hoffentlich nicht zu hektische Adventszeit mit Musestunden und einem Gedicht von Rilke.
lieben Gruß aus Hofheim
Papa/Eckhard
Es treibt der Wind im Winterwalde
die Flockenherde wie ein Hirt,
und manche Tanne ahnt wie balde
sie fromm und lichterheilig wird,
und lauscht hinaus. Den weißen Wegen
streckt sie die Zweige hin – bereit,
und wehrt dem Wind und wächst entgegen
der einen Nacht der Herrlichkeit!
Rainer Maria Rilke
