Meine Lieben,
Hohwald heißt das Waldstück, das ein paar Kilometer nördlich des Hauptfriedhofs liegt.
Kürzlich, ich hatte übers Wochenende meinen Bruder besucht, war ich morgens gegen dreiviertel acht (Viertel vor acht) mit dem Hund auf dem üblichen, täglichen Morgenspaziergang eben dort unterwegs.
Entlang am Waldrand, links dichte Baumreihen, rechts Felder, vor mir die Autobahn.
Immer näher kam ich dem nicht abreißenden Strom der Autos.
Wohin fahren all die Menschen an einem frühen Samstagmorgen?
Urlaub, Einkaufstour in die nächste Großstadt oder nur ein Kurzbesuch bei den Großeltern?
Die Straße machte einen Bogen, rechts von mir jetzt ein Wall mit Büschen und kleinen Bäumen, der mich von der Blechlawine abschirmte, Streuobstwiesen bis zum Waldrand zu meiner Linken.
Kalt war es, etwa null Grad, kein Wind, blauer Himmel, und die Sonne begann, die Bäume in ein warmes, rötliches Licht zu tauchen. Hinter der Stadt, über den Hügeln des Nordschwarzwaldes ein herrliches Morgenrot.
Ich bog vom geteerten Weg ab und ging über einen Graspfad wieder auf den Wald zu.
Und plötzlich überkam es mich, ein sentimentales Gefühl. Meine Welt teilt sich gerade in gestern, heute und morgen.
Was bewegte mich so, aus heiterem Himmel?
Ich fiel in eine tiefe Grube, gefüllt mit Sehnsucht und Glück.
Heimweh?
Irgendwie positiv, ein Gegensatz und doch ein Wohlgefühl.
Ein Wohlgefühl. Ja, ein Wohlgefühl, das ist wohl der richtige Ausdruck für diese tiefe Sehnsucht und das unermessliche Glück.
Sehnsucht nach lang Verblichenem, nach Einfachheit, Geborgenheit, Vertrautem, kein Aufwand, den richtigen Weg zu finden, reden, wie mir der Schnabel gewachsen ist, Essen, das ich kenne, Erinnerungen an glückliche, einfache Tage, erste Lieben und der erste Kuß.
Die längere Zeit meines Lebens war ich nicht hier und eigentlich müßte ich mich auch emotional an diese Distanz gewöhnt haben.
Doch die Seele, das Herz oder das Gefühl nimmt keine Rücksicht, weder räumlich noch zeitlich, es klopft an und zeigt mir, wo ich her komme, wo mein Leben begann. Hier wurde ich geboren, Kindergarten, Schule, Lehre, Studium, kurzes Gastspiel in einem kleinen Unternehmen, man kann das alles unter „Lernen“ abhaken. Zum wirklichen Arbeiten, was man Karriere nennt, habe ich hier alles verlassen für ein anderes, neues Leben.
Und doch, wenn ich zurück bin, ist es da, dieses Sehnen, dieses Wohlgefühl.
Ist das ein Kreis, der sich schließt, beginnt und schließt?
Kein Kreis hat einen Anfang, ein Ende, endgültig, du kannst ihn nur einmal, aber dann für immer verlassen.
Ich fühle, wenn ich mich hinein lausche, daß etwas da ist, immer da war und nie vergehen wird. Und es ist gut zu wissen, wie man bei Hermann Hesse nachlesen kann:
„daß in uns drinnen einer ist (ich füge ein ,Etwas’ hinzu), der alles weiß, alles will, alles besser macht als wir selber.“
Ich wünsche euch einen erfüllten Sonntag.
Paßt auf euch auf, streitet nicht
und haltet zusammen
Auf dem Weg zurück zum See
Euer Eckhard/Papa/Opa
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