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Advent I

Meine Lieben,

Advenire, ankommen. 

In Latein war ich nie eine große Leuchte, eben ein Lernfach! Zu strukturiert, zu logisch für mich, mit Logik und Struktur stand ich schon immer auf dem Kriegsfuß.

Ich hielt mich aber an die Empfehlung meines Lateinlehrers Herrn Fersching – Gott habe ihn selig – „Ihr braucht Latein, damit ihr in der Straßenbahn mit eurer humanistischen Bildung angeben könnt. (Er saß bei Klassenarbeiten auf einem Stuhl, den er auf sein Pult stellte, zwecks Überblick). 

Man erzählte übrigens, dass er im 2. Weltkrieg einen Panzer gefahren hätte, deswegen vielleicht der Ausblick aus dem Gefechtsturm. 

In dem Zusammenhang fällt mir ein, dass ich einige Lehrer hatte, die kriegsversehrt waren. Herr Lutz, der halb auf der Ecke des Pultes saß, ein Bein baumeln lies und ab und zu die Luft aus seiner Beinprothese lassen musste. Schrecklich, aber für uns Kinder war es faszinierend.

Advenire, ich könnte es sogar noch konjugieren.

Wenn man ankommt, kommt man ja auch von irgendwo her, weil man immer woher kommt, geht ja nicht anders. Man kann jetzt den Kopf drehen (so weit wie das in unserem Alter noch möglich ist) und zurückschauen was man so alles hinter sich gelassen hat. 

Eine ganze Menge Leben! 

Es kommt jetzt nur darauf an wie alt/jung man sich fühlt. Man fühlt sich ja immer irgendwie, jeden Tag ein bisschen anders.

Ich kann den großen Bogen schlagen und soweit zurückschauen, wie ich eben zurückschauen kann. Bei den meisten ist das bis zum Zeitpunkt als sie 3 Jahre alt waren. 

Alte Bilder können die Erinnerung noch auffrischen. Ich sehe mich, etwa 5 Jahre alt, auf einer Bank, mit einem echten Löwen! Naja, ein kleiner Löwe, ein junger aber ein lebendiger Löwe. Wir waren unterwegs, auf einer Autobahnraststätte da ist es passiert! 

Ein Mann bot an, ein Foto mit einem Löwen von einem zu schießen (mein Enkel Onno würde jetzt fragen, was das denn gekostet hat).  Ich saß also auf dieser Bank (recht verkrampft und ängstlich) und halb über mir, auf meinem Schoß, diese überdimensionale Katze. Vielleicht sind Katzen mir deswegen bis heute immer etwas unheimlich, ich kann sie einfach nicht einschätzen. Der Psychologe würde jetzt bei mir ein Katzentrauma aus früher Kindheit attestieren. 

Aber bei Menschen geht es ja einem auch so. Unbekannte, Fremde, nicht einschätzbare Menschen machen uns manchmal unsicher, vielleicht sogar ablehnend. Wir haben deswegen jetzt aber kein Menschentrauma, aber je weniger man in der Welt herumgekommen ist, desto enger ist der eigene Horizont, ist doch logisch, oder?!

Irgendwann in meinem vergangenen Leben stand ich am Persischen Golf, schaute übers Wasser und dachte: „Mein Lieber Scholli, Eckhard, wie bist du denn hierher gekommen und warum und wieso? Du bist doch nur der kleine Ecki aus der Hohenzollernstraße.“ 

So ist mir das mein ganzes Leben gegangen. Ich denke, ich habe meine Kindheit nie ganz verlassen. Und erwachsen werden wollte ich sowieso nie. Wenn mir das ein wenig geglückt ist, dann bin ich da angekommen, wo ich eigentlich hinwollte.

Ich wünsche euch einen wunderbaren ersten Advent.

Gebt auf euch acht!

Lieben Gruß aus Hofheim

Papa/Eckhard

https://youtu.be/mpw8buvOV8k /

Und zum Lesen vielleicht Robert Seethaler „Der letzte Satz“

2 Kommentare

  1. Gabriele Kranz

    War mal wieder super Eckhard!
    Wir konnten durch dich den 1.
    Advent mit einem herzhaften Lachen und alten Erinnerungen
    an die Schulzeit beginnen.
    Ganz lieben Dank dafür.
    Wir wünschen dir und deiner Familie eine entspannte Adventszeit. Bleibt gesund!
    Lothar und Gabi

  2. Jean-Pierre Kunz

    Schön, den ersten Advent-Morgen, noch im Bett mit einem Schmunzeln und herzhaftem Lachen beginnen zu können-danke und Grüsse, M&JP

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