Harmonie

Meine Lieben,

ich glaube, man nennt das Schreibblockade, vielleicht bin ich auch einfach nur mal faul?

Auf der anderen Seite ist mein Kopf so überladen von Eindrücken der letzten Reise. Laos, Kambodscha und Singapur, es ist einfach nur schwierig, einen klaren, strukturierten Gedanken zu fassen.

Ja, ja, ich weiß, das mit der Struktur ist grundsätzlich schwierig für mich. Wenn in der Schule „Aufsatz“ dran war, habe ich erst den Aufsatz geschrieben und danach die Gliederung. Hätte ich das so, wie verlangt, am Anfang durchgeführt, wäre ich nie zum Aufsatzschreiben gekommen.

Dieser letzte Urlaub war einfach unglaublich! Und dann ist nach zweieinhalb Wochen der Briefkasten logischerweise voll mit Rechnungen, Mahnungen und und und … das muß ja alles erst mal erledigt werden. Der Hund – nach drei Wochen in der Huta – braucht mehr Pflege und Zuwendung, die Wäsche muß gemacht werden, und dann habe ich mir völlig unnötig am letzten Tag in Singapur noch den Magen verdorben, man könnte auch sagen: die Rache Montezumas, aber das geht ja in diesem Fall nicht, der wohnt in Südamerika. Bis alles wieder einigermaßen im Lot ist, setzt das Gehirn andere Prioritäten.

Aber doch vielleicht ein paar Sätze zu dieser außergewöhnlichen Reise, wenigstens über den Beginn in Laos, der Rest folgt dann in den nächsten Gedanken, dies soll ja kein Reisebericht werden, da gibt es Menschen, die das besser als ich können, zum Beispiel Ryszard Kapuscinski, „Meine Reisen mit Herodot“, das wäre heute mein Buch-Tip.

Wikipedia macht uns das Leben einfach (ich hoffe, ihr spendet auch). Man kann dort alles über Laos nachlesen, aber das selbst zu erfahren, den unglaublich freundlichen, hilfsbereiten, meist lächelnden Menschen zu begegnen, sie zu erleben, ist schon etwas ganz anderes, Einzigartiges.

Neben der Politik prägt der Buddhismus das Land, und ich war wieder mal froh, daß ich mich als 15-Jähriger mit Buddhismus beschäftigt habe. Wer hat damals nicht „Siddhartha“ von Hermann Hesse gelesen! Das ist Philosophie, nicht Religion. Der Buddhismus zeigt uns den Weg durchs Leben. Harmonie steht an oberster Stelle. Natürlich gibt es auch entsprechende Regeln, aber auch die könnt ihr selbst herausfinden.

Unser lokaler Führer hat uns erzählt, daß speziell für Kinder auf dem Land die Möglichkeiten, Bildung zu erlangen, recht dürftig sind. Zudem ist die Ausbildung im Kloster besser als in den staatlichen Schulen. Eltern schicken die Kinder mit fünf oder sechs Jahren für ein paar Jahre ins Kloster, damit sie später bessere Chancen haben, die sowieso sehr limitiert sind. Ich glaube, wir haben vergessen oder nehmen das als selbstverständlich an, welche Möglichkeiten wir haben. Und was für eine Gesamtversorgung unser System uns bietet, ob das immer so richtig ist, da kann man geteilter Meinung sein.

Sie leben dann dort mit den Mönchen als Novizen. Vielleicht ist diese Erziehung ein Grund für die Freundlichkeit, die allgemeine Harmonie, die man allenthalben spürt. Es ist schon berührend zu sehen, wenn man diesen Hintergrund kennt, wie die kleinen Buben in orangenen Gewändern morgens gekochten Reis für ihre tägliche Ernährung sammeln. Auch wir haben an der Straße gekochten Reis gekauft und morgens um 6 Uhr unter den vorbeiziehenden Mönchen verteilt.

Ich beginne, wieder mehr nachzudenken, und frage mich, ob ich alles richtig mache, was die Harmonie betrifft!

Ihr könnt euch ja mal vorstellen, daß der Nikolaus in seinem goldenen Buch euch gestern gesagt hätte, wie der Hase laufen soll, was gut und was schlecht ist. Wir wissen das zwar alle, aber irgendwie scheinen wir es ab und zu zu vergessen.

Ich wünsche euch einen schönen 2. Advent,
genießt ein bißchen die Ruhe dieser Stunden,
streitet nicht, haltet zusammen und paßt auf euch auf.

Lieben Gruß vom See

Euer Eckhard/Papa/Opa

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ISBN-13: 9783695178643

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