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Stille / Glück

Meine Lieben,

kennt ihr das, dieses Bedürfnis, dieses Bedürfnis nach Stille? Manchmal überkommt mich das.

Früher als die Zeiten noch jünger waren, habe ich nach anstrengenden Meetings auf dem Heimweg laut im Auto gesungen, aber wenn irgendwie ein Problem anstand und ich nachdenken mußte, bin ich ohne Musik vom iPod/Autoradio nach Hause gefahren.

Das Motorengeräusch war da, nicht der übliche Lärmpegel, aber das fiel mir erst nach einer ganzen Weile auf, wenn mein Nachdenkprozess abgeschlossen war.

Heute ist das anders.

Heute sitze ich am Frühstückstisch, den Radio (merkt ihr das, das war jetzt Dialekt, heißt doch in Hochdeutsch bestimmt „das Radio“) habe ich ausgeschaltet, ich überlege, ob ich auch die tickende Sägezahnuhr an der Wand anhalten soll. Sie tickt so laut!
Eigentlich nicht, sie tickt normal, aber irgendwie suche ich Stille.

Eine Kerze habe ich angezündet, mach ich öfters, bin dann meist hektisch, wenn ich später unterwegs bin und frage mich „habe ich die Kerze ausgeblasen“; wie so oft läuft vieles fast unbemerkt, automatisch ab.
Ja, man hat den Herd ausgeschaltet und auch die Kaffeemaschine läuft nicht mehr, war jetzt ein Beispiel – das mit der Kaffeemaschine – ich trinke nämlich nur Tee, also an so eine Maschine muß ich nicht denken.
Bei längerer Abwesenheit ziehe ich den Stecker vom Wasserkocher und vom Toaster.
Übrigens läuft das Leben meist auch so ab. Die Tage, Monate, Jahre stehlen sich einfach davon, so unbemerkt, automatisch. In unregelmäßigen Abständen kommt einem dann Quasimodo in den Sinn und man hält inne:

„Ein jeder steht allein auf dem Herzen der Erde
getroffen von einem Sonnenstrahl:
Und schon ist es Abend.“

Heute suche ich einfach nur die Stille.
Außer dem leisen Sirren im Kopf; ich glaube, das ist normal, gibt es kein Geräusch. Ja, wenn ich die Teetasse zurück auf den Unterteller stelle, das Geräusch der Tasten vom Laptop, das ruhige Atmen des Hundes…

Stille trägt irgendwie zur Harmonie bei, man umarmt die aufkommende Ruhe. Das ist gut so.

Gestern war ich mit einer Freundin aus, wir saßen in einem Lokal, schauten aufs Wasser, beobachteten die Menschen, die draußen, noch mit Mütze, Mantel und Schal bewehrt, dem Wind trotzten, aber die ersten Sonnenstrahlen genossen.

Plötzlich fragte sie mich, was eigentlich „Glück“ sei und vielleicht sollte ich darüber mal etwas schreiben.
Ich weiß nicht, aber ich glaube, das habe ich schon mal getan und auch, wenn ich jetzt nicht nachschaue, weiß ich, daß das schwierig ist, das mit dem Glück.
Jeder Mensch kann das nur selbst empfinden und für jeden ist das wahrscheinlich einzigartig, ich könnte also nur über mein Glück schreiben.

Wenn ich meinem Enkel nachts in den Bergen den Orion zeige und ihm das Sternbild erkläre, ich dann noch – nachdem er gegangen ist – stehen bleibe, in den Himmel schaue, die Stille um mich herum genieße und mir klar ist, wie klein ich bin, dann ist das für mich auch Glück.

Natürlich gibt es auch diese übermäßigen Glücksgefühle, verliebt zu sein, die Freude über die Geburt und das erste Lachen eines Kindes, alles das ist Glück.
Ich denke aber eher an das kleine alltäglich Glück, das man oft nicht wahrnimmt, vielleicht sollten wir uns das viel öfter bewußt machen.
Wenn man zufrieden ist mit sich und damit, wie man leben darf, das ist Glück.

Wie sagt der Kafka, „man muß im Leben das Glück begreifen, daß der Boden auf dem man steht, nicht größer sein kann als die zwei Füße, die ihn bedecken.“

Gerade heute, wenn man so auf die Welt blickt, auf die Konflikte, das Elend, das Unrecht, das ganze Durcheinander, wir alles zu kompliziert machen, wer war zuerst da, wer hat welche Ansprüche und und und…

Egal, was man nun glaubt, ob an Adam und Eva oder an die Evolution, am Ende kommen wir doch einfach aus der gleichen Quelle.
Also, was soll das mit dem ganzen Streit!

So ist das mit der Stille; alles Mögliche geht einem im Kopf herum und das ist wahrscheinlich auch richtig so.

Ich wünsche euch einen beglückenden Sonntag,
Paßt auf euch und die anderen auf, streitet nicht und
haltet zusammen.

Lieben Gruß vom See

Euer Eckhard/Papa/Opa

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