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Aus der Zeit gefallen

Meine Lieben,

wie ist das so mit den Ideen, wie kommst du darauf, werde ich des öfteren mal gefragt.

Also ich kann das nicht so genau sagen, aber ich meine, jeder denkt doch und ich schreib’ das, was mir im Kopf herumschwirrt, eben einfach hin.
Die meisten Menschen denken, daß sowieso nicht wesentlich ist, was ihnen gerade in den Sinn kommt und deswegen lassen sie das mit dem Aufschreiben.
Das heißt natürlich nicht, daß ich nur Wesentliches niederschreibe, sehr viel Wesentliches gibt es nämlich nicht .

Wenn ich zum Beispiel die Höri enlangfahre und ich sehe nahe an der Straße einen blühenden Rosenbusch, schau mal was für
schöne Rosen!
Bei Rosen denke ich dann „Rose von Stambul“, und ich frage mich, während ich weiterfahre, ist das nicht eine Operette?

Und bei ‚Stambul‘ kommt mir gleich noch Karl May in den Sinn, da gibt es doch ein Buch, wo irgendetwas mit ‚Stambul‘ vorkommt.

Von da ist es jetzt ein logischer Schritt zu meinen vielen Karl May Bänden (diese schönen), die jetzt ein trostloses Dasein im Kellerraum fristen.
Wer liest denn heute noch Karl May, ich glaube nicht, daß einer meiner Enkel je ein Karl-May-Buch gelesen hat.

Ist irgendwie aus der Zeit gefallen. (Das ist doch mal ein schöner Ausdruck).

Und jetzt kann man sich natürlich fragen, was das bedeutet, altmodisch, nicht mehr passend, einfach mit mir altgeworden, wahrscheinlich bin ich auch aus der Zeit gefallen.
Operetten sind vielleicht auch aus der Zeit gefallen, ich glaube mein Opa hat das wie Schlager gesungen.

Und aus der Zeit gefallen ist wahrscheinlich auch meine Sanduhr im Gästezimmer; sie steht, eine Hälfte oben im Glas, eine Hälfte unten.
Wie kann das passieren?
Mehrere Sandkörner haben den Durchgang verstopft. Wenn ich leicht dagegen klopfe, fallen sie durch und es geht weiter mit der Zeit.

Wahrscheinlich macht das auch der liebe Gott so (falls es ihn gibt, aber da halte ich mich an Blaise Pascal, wie schon mal erwähnt), wenn wir die Zeit anhalten wollen. Er klopft vielleicht auch kurz ans Glas und die Sandkörner fallen weiter und nichts – und schon gar nicht wir – können sie aufhalten.

Gerade deswegen sollten wir jedes einzelne Sandkorn leben, genießen, zum Guten wenden, immer wissen was Recht und Unrecht ist und daß man ein Unrecht nicht mit einem anderen Unrecht vergelten kann. (Vielleicht wißt ihr, was ich meine.)
Menschen leiden und das ist nicht richtig, egal wo das auch immer ist und niemand hat das Recht dieses Leid zu verursachen.

Die vergangene Woche war auch eine Woche von persönlichen Verlusten, zwei Menschen haben uns verlassen, eigentlich schon letzte Woche, aber mit einer Trauerfeier bzw. Urnenbeisetzung wird dann doch Endgültiges zelebriert.

Der offizielle Abschluß des Hierseins und der Beginn des Dortseins, wo immer das auch sein mag.
Und das ist ja wirklich so unwiderruflich und mit nichts in diesem, unserem Leben zu vergleichen.
Man ist aus der Zeit gefallen, der ganze Sand im unteren Glas und niemand dreht es mehr um.

Deswegen hat Buddha recht, wenn er sagt:
Nimm dir jeden Tag die Zeit, still zu sitzen und auf die Dinge zu lauschen.
Achte auf die Melodie des Lebens, welche in dir schwingt.

Aber auch mein Lieblingsgedicht von Rose Ausländer paßt zu diesen Gedanken.

Wirf deine Angst in die Luft
Bald ist deine Zeit um
bald wächst der Himmel
unter dem Gras, fallen deine Träume ins Nirgends
Noch duftet die Nelke,
singt die Drossel
noch darfst du lieben,
Worte verschenken,
noch bist du da

Sei was du bist,
gib was du hast

Ich wünsche euch einen gedeihlichen Sonntag.
Paßt auf euch und die anderen auf,
streitet nicht und haltet zusammen!

Lieben Gruß vom See
Euer Eckhard/Papa/Opa

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