Meine Lieben,
…apropos erdnah!
Der Käfig des Kanarienvogels, ich glaube er hieß Hansi, wurde auf den Küchentisch gestellt, die untere Plastikschale weggenommen, so daß der Käfig direkt auf dem Tisch stand. Seit der Tisch mit Resopal überzogen war (ihr erinnert euch, neue Einbauküche) bekam der Hansi einen Resopalschock und fiel von der Stange!
Kein Witz!
Man trug ihn dann vorsichtig zurück ins Zimmer setzte ihn in den geputzten Käfig, sehr langsam erholte er sich, es dauerte eine ganze Weile bis er wieder auf der Stange saß und seine Stimme wiedergefunden hatte.
Ab da wurde er natürlich nicht mehr in der Küche abgesetzt.
Und wie das letzte Mal schon erwähnt, bei Partys werden in der Küche die besten Gespräche geführt und in den Zeiten da man noch auf der Suche nach einer Partnerin war konnte man sich dort auch intellektuell näher kommen bevor man sich dann wieder physisch beim Steh Blues gegenseitig annäherte.
Mein älterer Bruder und ich haben einmal die ganze Familie zum Mittagessen eingeladen, Mutter, Vater, Oma, Opa und Tante Elsa,.
Eigentlich nicht richtig eingeladen, ich wäre nicht ich und Onno nicht Onno wenn das Menü nicht etwas gekostet hätte.
Die Küche wurde zur Sternecuisine transformiert, es gab 4 verschieden Arten von Schnitzel.
Wiener Art, Jägerschnitzel,( mit Pilzen), Zigeunerschnitzel,(mit Paprika) und eines mit Käse überbacken, wenn ich noch Schinken unter den Käse gelegt hätte, wäre so etwas ähnliches wie Saltimbocca alla Romana gewesen aber das wußte ich damals noch nicht, war ja erst 14 Jahre alt und auf meinem Wunschcampingplatz am Gardasee gab es hauptsächlich Spaghetti.
Das mit dem Campingplatz erzähle ich ein anders Mal.
Also ich kochte, Rainer servierte, stilgerecht mit einer Serviette über dem Arm, (machen die das heute noch im Restaurant?)
Natürlich gab es auch eine Vorspeise, gemischten Salat und als Nachspeise, ich glaube Schokoladenpudding mit Sahne, als Sättingsbeilagen ( so heißt das offiziell) gab’s Nudeln, für meine norddeutschen Leser (Nudeln sind die breiten platten), ich habe nämlich schon gehört, daß man außerhalb der Nudelwelt zu allen Teigwaren Nudeln sagt.
Das ist natürlich für einen indigenen Süddeutschen wie mich Blasphemie, Nudeln, Spaghetti, Linguini, Spirelli, Maccaroni und natürlich Spätzle handgeschabt und noch vieles mehr gibt es!
Wenn Mutti in der Küche am Gasherd Spätzle schabte war es wunderbar eines der frischen Spätzle aus der Schüssel zu stibitzen.
Schabte ich Spätzle, dann setzte ich Onno, als er noch ein kleiner Stibbich( Dialekt für Dreikäsehoch) war, neben den Herd und gab ihm eine kleine Schüssel Spätzle, direkt aus dem Wasser geschöpft, es gibt nichts besseres! Onno meinte damals: „Gell Opa ich bin der größte Spätzlemöger!
Tja.
Die Küche war ein heimeliger Ort, in den letzten Jahren saß ich oft mit meiner Mutter morgens am Küchentisch, ich Tee, sie Kaffee, sie legte 3 Kissen auf den Stuhl
„Herrschaftsgewitter i wer immer kloiner“.
Sie trank 2 Tassen Kaffee und am nächsten Tag den Rest aus der Thermoskanne, in der Mikrowelle aufgewärmt.
Da der entsprechende Hebel verloren war stellte sie mit einem Messer, das sie in den vorhandenen Schlitz des abgeronnenen Hebels steckt, die Zeit ein.
Wenn man auf Start drückte und nicht aufpasste flog auch dieser Knopf davon.
Aber da man darauf vorbereitet war funktionierte das.
„Mutti ich kaufe dir mal eine neue Mikrowelle“, „Wieso di geht doch no“, „aber die ist doch uralt“ „Die hab‘ i kaft wo der Vati gstorbe isch, des isch jetzt 32 Jahr her“
ich (achselzuckend)„ok“, sie „mir langt di“!
Von der Küche ging es auf eine kleine Veranda, wo man ins „hintere Höfle“ schauen konnte. Da hat die Mutti, hier oben im 4. Stock die Wäsche aufgehängt. Einen Wäschetrockner hatte sie nie.
Na, mit der heutigen Krise werden wir wohl bald wieder dahin kommen!
Ein krachendes Ereignis fand in der Küche an einem Silvesterabend statt, aber das habe ich schon mal erzählt in den Sonntagsgedanken vom 29.Dezember 2019. Ihr könnt ja nochmal reinschauen, falls ihr das damals verpasst habt.
Ich habe die letzten Jahre mit meiner Mutter sehr genossen, wir haben viel Zeit miteinander verbracht, nichts spezielles gemacht nicht spezielles besprochen, einfach Zeit verbracht, ganz normale Zeit einfach ein paar Stunden oder Tage gemeinsam gelebt.
Schaut man in der Küche zum großen Fenster hinaus, dann sieht man über die hinteren Höfe direkt zum Friedhof und ich glaube Luftlinie ist das etwa ungefähr genau da, wo das Familiengrab ist.
Hier mal wieder einen Lestip: Orhan Pamuk, Die weiße Festung und das ist die Musik für heute https://youtu.be/k5dkwQY-_tk
Ich wünsche euch einen bewussten Sonntag.
Gebt auf euch acht, streitet nicht und haltet zusammen.
Lieben Gruß aus Hofheim
Euer Eckhard,O/P