Meine Lieben,
tja, wie beginnen nach dieser Zeit, nach allem was mein Leben in den letzten Wochen so beeinflusst hat?
Es fällt mir recht schwer etwas Leichtes, Schwereloses zu schreiben.
Situationsbedingt kam ich vor kurzem von einem Besuch vom Pforzheimer Hauptfriedhof zurück (nicht probeliegen, aber probelaufen).
Seltsame Beziehung, die ich zu diesem Friedhof habe!
Nicht die historische und denkmalgeschütze, zu ihm, daran habe ich nie gedacht, das weiß ich erst heute.
1877 wurde er angelegt, von Beginn an als überkonfessioneller Friedhof, also auch mit einem jüdischen Friedhofsteil, heute übrigens auch mit muslimischen Beisetzungen.
Die bis 1900 erschlossene Fläche wurde traditionell von einer Mauer umschlossen.
Dieser Friedhof ist ein Kulturdenkmal dessen gärtnerische und bauliche Anlage mit den Grabstätten eine sogenannte Sachgesamtheit bildet, die Gartenarchitektur stammt aus der wilhelminischen Zeit.
Erhaltenswerte Grabsteine werden an die Hauptallee gesetzt und es ist wirklich unglaublich interessant, weil sich dort irgendwie das gesellschaftliche Leben der Stadt widerspiegelt.
Der Friedhof hat die Zerstörung der Stadt weitgehend unbeschadet überstanden und zählt zu den wenigen noch intakten Ensembles der Vorkriegszeit.
Nein, ich denke an das Kastanien sammeln, an riesige Kastanienblätterhaufen in die man als Kind so richtig eintauchen konnte. Eichhörnchen, die einem Nüsse aus der Hand fressen, an die beschnittenen Platanen, die im Winter, (meiner Mutter zufolge) aussehen wie die nagellosen, abgekauten Finger meines kleinen Bruders.
Den Posaunenchor an Weihnachten, den riesigen -mit Lichtern geschmückten – Tannenbaum und und und…
Auf dem Nachhauseweg mit meiner Freundin vom Wartbergfreibad, sind wir immer eine Abkürzung durch einen Teil des Friedhofes gegangen.
An einem Tag war das sogar unbedingt notwendig. Sie konnte sich auf einer Bank erholen. Kurz zuvor war sie nämlich frontal gegen einen Laternenmast gelaufen. Entweder hat sie lebhaft mit mir diskutiert oder mir zu tief in die Augen geschaut, auf jeden Fall waren ihren Augen nicht auf dem Weg, bzw. auf den Laternenpfahl gerichtet.
Und Bänke gibt es ja im Friedhof en masse, weil in der Regel die Menschen auf dem Friedhof älter sind, also nicht nur die da liegen, sondern auch die, die Gräber in Kleingartenanlagen verwandeln, den Vögeln lauschen, Eichhörnchen füttern oder einfach nur warten bis die Enkel genügend Kastanien gesammelt haben. Das alles ist im Sitzen besser als im Stehen.
Die Kastanien werden dann zuhause zu kleinen Männchen oder Pferdchen verarbeitet, der größere Rest liegt eigentlich wie vieles nutzlos herum, vielleicht bringt ihn später jemand in den Wildpark als Futter.
Also dieser Friedhof ist wie ein riesiger Park, Alleen mit uralten Bäumen, Sitzbänken (erwähnte ich schon) von manchen Stellen schaut man über die ganze Stadt, wunderschönen alten Grabsteinen und Statuen.
Ich habe immer gedacht, ich hätte gerne später auch eine Statue, also nicht von mir, ich bin auch mit etwas neutralem zufrieden, aber bitte nichts Modernes – modern passt nicht zu Friedhöfen.
Sterben ist auch nicht modern, gibt es schon immer und übrigens fällt mir in diesem Zusammenhang ein, dass man nicht nur um den Verstorbenen trauert, man betrauert auch sehr sich selbst, den großen Verlust. Der Verstorbene ist hoffentlich, wie meine Mutter, bewusst und glücklich übergewechselt.
Ja, ja ich lass mir noch Zeit mit Statuen und Grabschmuck aber einen Spaziergang, schlendern, langsamen Schrittes, die Gedanken bei sich und allen die da liegen, das studieren alter Grabsteine kann ganz schön entspannend sein.
Ich wünsche euch einen schwungvollen https://youtu.be/Q4qEBIWYobo, Sonntag aus Hofheim
gebt auf euch acht!
Haltet zusammen und streitet nicht! (hat uns unsere Mutter ermahnt)
Lieben Gruß
Eckhard O/P