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Das einmalige 1. Mal

Meine Lieben,

irgendwann ist immer das 1. Mal.  Manchmal einmalig, oft öfters, vieles dann vielleicht auch regelmäßig. 

Bestimmt einmalig ist die eigene Geburt und logischerweise das eigene Sterben. Man kann das nicht wiederholen und deswegen auch nicht üben, um es zu verbessern, was man mit allen anderen ersten Malen tun kann. 

Letzte Woche, als ich mir Gedanken über einmalige Sonntagsgedanken machte, war ich über verschiedene 1. Male gestolpert. Ich kann mir jetzt vorstellen was einige denken, wenn ich „das 1. Mal“ sage.  Darüber schreibe ich jetzt nicht! Das wäre dann doch zu persönlich und schickt sich nicht.

Ich wohnte in Sauerlach, im Südosten von München und beschloß eines Tages nach Bad Tölz ins Schwimmbad zu gehen. Es war Winter, es gibt dort ein Hallenbad, mit einem Becken von dem man sogar ins Freie schwimmen kann. Keine Ahnung wie ich auf diese Idee kam, ich bin jetzt wirklich nicht die größte Wasserratte. Naja, ich schwamm ein paar Runden. Ja, auch nach draußen, dann setzte ich mich für eine Weile an den Beckenrand, in einen Liegestuhl und beobachtete. Etliche Badegäste gingen in die Sauna. Ok, dachte ich, das habe ich zwar noch nie probiert es kann ja nicht so schwer sein wenn das so frequentiert ist.Also, rein in die Sauna. War auch soweit ok, heiß, aber so muß Sauna ja sein, oder?. Ich sah dann, daß immer wieder welche  die Sauna verließen, und nach kurzer Zeit im Freien in ein Becken sprangen. Ok, das kann ich auch. Keine Ahnung, daß man sich erst abduschen muß und dann vorsichtig in dieses Becken steigt.

Ich raus, durch die Glastüre und mit einem Superköpfer ins Wasser.Ich dachte mein Herz bleibt stehen!  Keine Luft ! Atemnot! Luftmangel! Jahrelang habe ich gebraucht bis ich wieder in eine Sauna ging. Jetzt kann ich das!

Im Flieger unterwegs, beruflich. Über den Wolken, in der grenzenlosen Freiheit, probiert man mutig Neues aus. Tomatensaft. Ich hatte nie gedacht, daß man das wirklich trinkt. Ich hatte das nur in der Zelluloid Welt  gesehen. James Bond trank geschüttelt und nicht gerührt, die beigefügten Blondinen, Tomatensaft.  Mein Sitznachbar bestellte Tomatensaft mit Pfeffer und Tabasco. Na gut, als super erfahrener Businessreisender folgte ich seinem Beispiel. „Tomatensaft mit Pfeffer und bitte etwas mehr Tabasco“. Cool. Ich habe nicht gesehen wie rot ich wurde! Ich dachte, ich explodiere, meine Stimme versagte, Schweißtropfen liefen mir in die Augen. Alles brannte, die Kehle, der Rachen, die Zunge,  die Lippen der ganze Mund, alles! Ganz ganz selten, wenn ich zufällig, wie neulich Tomatensaft sehe, kaufe ich welchen. ich trinke das ganz gerne – macht so einen weltmännischen Eindruck – natürlich inzwischen mit der richtigen Menge Tabasco und Pfeffer.

Im Spielkasino in Bad Wiessee. Ein weiteres 1. Mal. Warum ins Spielkasino? Keine Ahnung. Vielleicht hatte ich gerade Dostojevski gelesen oder Casino Royal gesehen. An der Rezeption mußte ich mir eine Krawatte leihen.
Keine weiße Elfenbeinkugel oder Black Jack, das ist 17 und 4, ohne Krawatte! Na gut, übrigens bin ich im Krawatte binden ganz gut. Hat mir mein älterer Bruder gezeigt. Vor dem Spiegel, er steht hinter mir und bindet mit seinen Händen mir den Knoten. So lernt man das am besten, Windsor! Kann ich bis heute. Beide Enden gleich lang. Am Gürtel endet die Krawatte, nicht wie bei Trump; die ist immer etwas zu lang.

Ok, Bad Wiessee, Krawatte. Ich schlenderte „selbstbewußt“ durch die Räume, brauchte bestimmt eine Stunde, um alles in Augenschein zu nehmen und zu lernen wie das so funktioniert. Natürlich wußte ich wie Roulette geht, aber wie man nach verschiedenen Methoden setzt, das habe ich alles in mich aufgesogen. Endlich traute ich mich, ich setzte mal auf eine Frarbe, verlor! Ok, dann die andere Farbe, gewonnen. Dann eine Reihe mit 6 Zahlen( ich hatte vorher bei einem Mitspieler  beobachtet wie der das machte). So ging das eine ganz Weile, ich gewann, verlor, gewann, verlor aber am Ende des Abends hatte ich etwa 200 DM gewonnen. Das war ein erfolgreicher Einstig in mein sehr limitiertes Spielerleben. Mit dem Geld habe ich mir dann eine Karte für vier Mozartkonzerte im Gasteig in München gekauft, das war gerade neu eröffnet worden. Mein Spielgewinn reichte für die billigeren Plätze, gaaanz weit oben. Als die Musik, die Geigen einsetzten, hatte ich das Gefühl in anderen Sphären zu schweben, ich durchbrach die Decke, flog mit geschlossenen Augen und ausgebreiteten Armen durch den blauen Himmel ins unendliche Universum.

Das war dann auch ein erstes Mal. Und das fliegen, mit den geschlossenen Augen funktioniert auch heute noch hervorragend. (man braucht nur diese Musik dazu, meine Empfehlung heute, das Andante aus dem Klavierkonzert Nr. 21 C-dur KV 467)

Bei Stanislaw Jerzy Lec habe ich gelesen: „Manche leben mit so einer erstaunlichen Routine, daß es schwerfällt zu glauben, sie lebten zum ersten Male“

Ich meine, wenn man diese Routine vermeiden will, sollte man sich ab und zu an diese vielen unzähligen, 1. Male erinnern. Ihnen ein ganz kleines bißchchen wehmütig nachhängen, träumen und sich im Glück verlieren. So wird das ganze Leben etwas Einmaliges!

Lieben Gruß von unterwegs zum See. Gebt auf euch acht.

Papa/Eckhard 

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